Mehr Züge, weniger Emissionen
Derzeit bieten Züge eine sinnvolle Alternative zu etwa der Hälfte der beliebtesten Kurzstreckenflüge in Europa. Zusätzliche Verbesserungen und Anreize könnten zu einer weiteren Verringerung der verkehrsbedingten CO2-Emissionen führen.
Mehr Züge, weniger Emissionen
Derzeit bieten Züge eine sinnvolle Alternative zu etwa der Hälfte der beliebtesten Kurzstreckenflüge in Europa. Zusätzliche Verbesserungen und Anreize könnten zu einer weiteren Verringerung der verkehrsbedingten CO2-Emissionen führen.
Wir haben Daten über die Dauer der aktuellen Zugverbindungen und derjenigen aus dem Jahr 2019 gesammelt, d. h. vor der COVID-19-Pandemie. Zudem haben wir Daten über die Strecken, die Anzahl der Umstiege und die von den betreffenden Zügen zurückgelegten Entfernungen gesammelt. Ausgeschlossen wurden Flugstrecken mit einer Länge von mehr als 1500 km und Strecken zu Inseln, die mit dem Zug nicht erreichbar sind, wie Irland oder die Kanarischen Inseln: Einige dieser Strecken sind extrem stark frequentiert. Weitere Einzelheiten finden Sie in dem Bericht .
Es gibt eine recht einfache Möglichkeit, wie die Europäer ihre CO2-Emissionen senken könnten: Sie könnten für Reisen innerhalb des Kontinents den Zug statt des Flugzeugs wählen. Das europäische Schienennetz ist gut ausgebaut und die Züge in vielen Ländern relativ schnell. Zudem handelt es sich bereits um eine vernünftige Alternative zu etwa der Hälfte der beliebtesten Kurzstrecken-Flugverbindungen.
Abgesehen von Inselzielen, die mit der Bahn nicht erreichbar sind, zeigt eine Studie , die wir für Greenpeace durchgeführt haben, dass es für 31 Prozent der 150 verkehrsreichsten Flugstrecken innerhalb der Europäischen Union eine Bahnalternative gibt, die weniger als sechs Stunden dauert. Von den Strecken, für die mehr als sechs Stunden benötigt werden, werden mehr als ein Viertel mit direkten Nachtzügen zurückgelegt, oder dauern weniger als 12 Stunden. Bezieht man die europäischen Länder außerhalb der EU mit ein, so gibt es für einen ähnlichen Prozentsatz der 250 verkehrsreichsten Strecken in Europa zumindest theoretisch eine Bahnalternative.
Würden die Passagiere für diese Fahrten tatsächlich die Bahn statt des Flugzeugs nehmen, würden jährlich 54 Millionen Menschen weniger mit dem Flugzeug reisen und 3,5 Millionen Tonnen CO2 einsparen.
Betrachtet man die Dauer, die Strecke und die Entfernung der möglichen Bahnalternativen im Vergleich zu den beliebtesten Flügen, so ergeben sich erstaunlich gute Möglichkeiten. Bei 84 Prozent der untersuchten Flüge ist es möglich, die gleiche Strecke am selben Tag mit dem Zug zurückzulegen, selbst bei scheinbar langen Strecken wie Amsterdam-Madrid, Rom-Brüssel oder Paris-Warschau. In 82 Prozent der Fälle gibt es direkte Zugverbindungen zwischen der Abflug- und der Zielstadt, oder es sind nur ein oder zwei Umstiege erforderlich.
Natürlich gibt es auch Fälle, in denen der Zug niemals eine günstige Alternative darstellt, es sei denn, man nimmt eine Fähre. Dies gilt nicht nur für die meisten europäischen Inseln, sondern auch für Städte, die durch das Meer getrennt sind, wie Rom und Athen oder Helsinki und Stockholm.
Wesentliche Verbesserungen
Während die Bahnverbindungen bereits in vielen Fällen zumindest theoretisch mit Flugreisen wettbewerbsfähig sind, könnten sie innerhalb Europas bezüglich mehrerer Punkte verbessert werden.
So gibt es zum Beispiel einen direkten Zug zwischen Wien und Bukarest, der aber nur mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 55 km/h fährt und über 19 Stunden braucht, um sein Ziel zu erreichen. In anderen Fällen verlängern Wartezeiten an Zwischenbahnhöfen die Reise ungemein: Mailand und Wien liegen relativ nah beieinander, aber Tagesreisende müssen auf ihrer Reise viermal umsteigen – wie auf der Strecke von Amsterdam nach Kopenhagen.
Infrastrukturverbesserungen, die schlichte Einführung neuer Verbindungen in das bestehende Netz, sowie neue Fahrpläne könnten dafür sorgen, dass die Schiene dem Luftweg einen noch größeren Anteil des europäischen Verkehrsaufkommens abgräbt.
Spezifische, strategische Eisenbahnlinien und Knotenpunkte sind hier besonders wichtig. So verlaufen beispielsweise zahlreiche Alternativen zu den wichtigsten EU-internen Flugrouten über die Strecke Paris-Barcelona. Vor der Pandemie gab es pro Tag jedoch nur drei direkte Züge zwischen den beiden Städten. Inzwischen sind es nur noch zwei, und es gibt keine direkten Nachtzüge. Andererseits ist es in manchen Fällen notwendig, von Paris nach Italien oder von Spanien nach Deutschland zu reisen, weil die bestehenden Bahnverbindungen im Alpenraum viel zu weitmaschig sind. So könnten sich beispielsweise gute Verbindungen zwischen Marseille und Mailand oder Lyon und Basel als sehr wertvoll erweisen.
Innerhalb der einzelnen Länder ist der Zug bereits eine klare Alternative zum Flugzeug, zumindest in Ländern mit schnellen Eisenbahnnetzen. Allerdings sind internationale Verbindungen , nach wie vor ein großer Schwachpunkt, zumal es nur wenige Strecken und oft nur wenige Züge pro Tag gibt.
Ein weiterer Schwachpunkt ist der Nachtzug, der es der Bahn ermöglichen würden, auf längeren Strecken mit dem Flugzeug zu konkurrieren. In der Europäischen Union gibt es nur eine Handvoll Nachtzüge. Und mit dem Ausbruch der Pandemie wurden einige der wichtigsten Strecken eingestellt: Beispielsweise Venedig-Mailand-Paris.
Schließlich ist es wahrscheinlich, dass zumindest ein Teil der Personen, die zwischen zwei nahegelegenen Städten, die bereits gut mit der Bahn verbunden sind, den Luftweg wählen, um einen Anschlussflug zu nehmen. Um diesen Fluggästen eine echte Alternative zu bieten, reicht es nicht aus, gute Bahnverbindungen zwischen den beiden Städten zu haben: Wir brauchen auch direkte oder schnelle Verbindungen zu den großen Flughäfen. Und diese sind in Europa gegenwärtig eine Seltenheit.
Zukunftsszenarien
Dank der Einführung einer Reihe neuer internationaler Nachtzüge und der Fertigstellung einiger der wichtigsten Verbesserungen des Netzes, wie z. B. des Brenner Basistunnels, werden in den nächsten Jahren immer mehr Züge eine gute Alternative zu europäischen Flugreisen bieten – zumindest auf dem Papier.
Allerdings sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um sicherzustellen, dass der Personenverkehr tatsächlich umgestellt wird, und die verkehrsbedingten CO2-Emissionen entsprechend reduziert werden. Eine Möglichkeit ist die Streichung von Kurzstreckenflügen, die in Frankreich , Österreich und Belgien diskutiert wird. So fordert Greenpeace die Europäische Union beispielsweise auf, Flugstrecken zu schließen, für die es eine Zugalternative gibt, die weniger als 6 Stunden dauert.
Aber auch bei den Preisen besteht Handlungsbedarf: Zum einen durch die Subventionierung des Schienenverkehrs und die Förderung des Wettbewerbs zwischen den Betreibern, zum anderen durch eine höhere Besteuerung des Luftverkehrs.
https://www.balcanicaucaso.org/eng/All-the-news/More-trains-fewer-emissions-213551