Europas Gefangene: Die Daten
Seit der Jahrhundertwende zeichnet sich der Alte Kontinent als einzige Makroregion mit sinkenden Häftlingszahlen aus. Für die Erklärung dieses Trends sind allerdings positive Entwicklungen in Russland entscheidend. Während die EU von der positiven Dynamik in Ost- und Mitteleuropa profitiert, sind die jüngsten Daten für Italien besorgniserregend.
Europas Gefangene: Die Daten
Seit der Jahrhundertwende zeichnet sich der Alte Kontinent als einzige Makroregion mit sinkenden Häftlingszahlen aus. Für die Erklärung dieses Trends sind allerdings positive Entwicklungen in Russland entscheidend. Während die EU von der positiven Dynamik in Ost- und Mitteleuropa profitiert, sind die jüngsten Daten für Italien besorgniserregend.
Im vergangenen November veröffentlichte World Prison Brief die 12. Ausgabe der World Prison Population List – ein Bericht, der die Größe der weltweiten Gefangenen-Population und relative Trends beschreibt, und sich dabei auf vorhergehende Datensätze stützt, die in den Jahren 2000, 2005 und 2015 veröffentlicht wurden.
Der Bericht besagt, dass weltweit mehr als „10,74 Millionen Menschen in Strafanstalten festgehalten werden, entweder als Untersuchungshäftlinge oder weil sie für schuldig befunden und verurteilt wurden“. Weltweit ist die Zahl der Gefangenen seit 2000 „um 24 Prozent gewachsen“, heißt es in dem Dokument.
Außerdem zeigt die Studie Trends hinsichtlich der Makroregionen auf. Seit Beginn des Jahrhunderts sind die Unterschiede in absoluten Zahlen in fast allen Regionen positiv (Afrika +29 Prozent, Amerika +41 Prozent, Asien +38 Prozent, Ozeanien +86 Prozent). Die Ausnahme bildet Europa (-22 Prozent).
Staatentechnisch betrachtet liegen die USA an der Spitze der Weltrangliste der Länder mit den höchsten Häftlingszahlen, sowohl in absoluten Zahlen (2,1 Millionen) als auch bezüglich der Bevölkerungszahl (655), d.h. der Anzahl der Gefangenen pro Hunderttausend der nationalen Bevölkerung.
Ein genauerer Blick auf Europa
Es muss berücksichtigt werden, dass die europäische Makroregion in diesem Bericht auch Russland beinhaltet. Entscheidend ist, dass der positive Trend, den Europa im Vergleich zu anderen Teilen der Welt verzeichnet, vor allem auf die letzten 20 Jahren in Russland zurückzuführen ist (-45 Prozent bezüglich der Häftlings-Population).
Was kann man demnach gegenüber den Mitgliedstaaten der EU sagen? Wir haben die Daten analytisch entpackt.
Die Gesamtzahl der Gefangenen-Population in den EU-Mitgliedstaaten beträgt 580.297, was einem Anstieg von etwas mehr als 2 Prozent gegenüber dem Jahr 2000 (566,844) entspricht. Die folgende Abbildung zeigt die Aufteilung der Variation nach Regionen, innerhalb der EU, d.h. Nord-, Süd-, West-, Mittel- und Osteuropa.
Die Entwicklungen in Mittel- und Osteuropa scheinen von größter Bedeutung für die Erklärung der Fähigkeit der EU-Mitgliedstaaten zu sein, einen im Vergleich zu anderen Teilen der Welt eher bescheidenen Anstieg der Gefängnispopulation zu verzeichnen. Die nächste Abbildung zeigt die prozentuale Veränderung der Gefangenen-Population in einzelnen EU-Ländern zwischen 2000 und 2018.
Die Gebiete des Vereinigten Königreichs und Irlands fallen in Nordeuropa als besonders problematisch auf, während Deutschland und die Niederlande im Kontext der westeuropäischen Staaten gut abschneiden. Die Rückgänge in Bulgarien und Rumänien sind zu den in der ersten Grafik dargestellten Gesamttrends hinzuzurechnen. Wie ist es der EU in den letzten drei Jahren ergangen?
Entscheidend ist, dass der Trend zwischen 2015 und 2018 eine eher positive Entwicklung verzeichnet, wobei die meisten Länder die Trendwende vollzogen haben. Ein Land hebt sich jedoch von der breiten Masse ab: Italien. Der südliche EU-Mitgliedstaat hat in den letzten drei Jahren einen Anstieg der Häftlingszahl um 13 Prozent verzeichnet.
Methodik
Bei der Durchführung der Analyse und Berechnungen haben wir keine Daten zu den Färöer Inseln (Dänemark), Guernsey (Großbritannien), die Isle of Man (Großbritannien), Jersey (Großbritannien), San Marino, Gibraltar (Großbritannien) und Monaco (FR) erfasst. Zwischen einigen dieser Gebiete und den EU-Staaten bestehen Abkommen über die Inhaftierung von Gefangenen. Daher könnten die von uns gelieferten Daten leicht unter den tatsächlichen Zahlen liegen. Darüber hinaus haben wir den Durchschnittswert der britischen Gebiete (d.h. der im Rahmen der World Prison Population List als eigenständige Einheiten betrachteten Gebiete, nämlich England und Wales, Nordirland und Schottland) in der Karte als Wert für das Vereinigte Königreich festgelegt. Was Bulgarien und Zypern betrifft, fehlen Daten für das Jahr 2015. Daher werden diese Länder in der letzten Grafik, welche die Schwankungen der relativen Häftlingspopulation zwischen 2015 und 2018 zeigt, nicht dargestellt. Weitere methodische Erkenntnisse über die Art der Daten finden Sie direkt in der World Prison Population List .