Der Süden bremst und der Norden macht weiter
Durch das Coronavirus driftet Europa weiter auseinander.
Der Süden bremst und der Norden macht weiter
Durch das Coronavirus driftet Europa weiter auseinander.
Dieser Artikel verwendet Daten aus der von Civio für EDJNET erstellten Anwendung: Hierbei werden auf äglicher Basis drei Parameter erhoben und mit den vor der Krise gemessenen Durschnittswerten in Beziehung gesetzt: Fußgänger, Verkehr und Flüge. Die Methodik ist am Ende dieses Artikels und in der Anwendung selbst zu finden.
Am 15. März verringerte sich die Zahl der Menschen auf den Straßen der europäischen Hauptstädte um die Hälfte. In Europa gab es bereits etwa 40.000 bestätigte Fälle von Covid-19. Wenige Tage später ging die Nutzung noch weiter zurück, während die Zahl der Infizierten weiter anstieg. In den folgenden Wochen lag das Aufkommen der Fußgänger bei etwa 30% des sonst üblichen Wertes. Und dort hat es sich bis heute, fast anderthalb Monate später, eingependelt. Jetzt erleben wir jedoch mit dem Beginn des Endes der Einschränkungsmaßnahmen in einigen Ländern, eine kleine Wiederbelebung der Mobilität. Am Freitag den 17. April, stieg die Auslastung der Straßen in Europa zum ersten Mal seit einem Monat wieder auf über 40% des sonst üblichen Niveaus. Bis dahin gab es in der Europäischen Union mehr als 765.000 bestätigte Infektions-Fälle und fast 76.000 Todesfälle.
Aber diese Rückkehr zur Normalität ist nicht überall in Europa einheitlich. In Städten wie Athen, Zagreb, Kopenhagen und Berlin ist ihre Zahl in der letzten Woche gestiegen. In Madrid, Rom und Paris, wo viel restriktivere Maßnahmen zur Geltung kamen, bleiben die Werte nahezu unverändert, nach wie vor, bei knapp unter 20%. Und es trifft sich, dass Italien (mehr als 22.000), Spanien (mehr als 19.000) und Frankreich (fast 18.000) am 17. April 2020 die drei EU-Länder mit den meisten Todesfällen durch die Krankheit waren. Eine Ausnahme bildet Lissabon, wo die fussläufige Mobilität ähnliche Werte erreicht, die unter 20% liegen, obwohl die Zahl der Todesfälle in diesem Land (657 am 17. April) weit von den Zahlen für Spanien, Italien und Frankreich entfernt ist.
Helsinki
Andere europäische Hauptstädte entschieden sich von Anfang an für weniger strenge Maßnahmen, die die Mobilität weniger restriktiv einschränkten und die Eröffnung von Geschäften ermöglichten. In Stockholm zum Beispiel ist die Auslastung der Straßen nur selten auf unter 50% des sonst üblichen Niveaus gefallen. Und am vergangenen Samstag erreichte sie gar 77%. Ähnliches geschah in Helsinki, wo der Wert kaum unter die Hälfte fiel und am Samstag sogar fast 80 % erreichte.
Auch die anderen Verkehrsträger spiegeln, nahezu identisch, die Beobachtungen zu den Fußgängern wieder. Der Rückgang der Zahl der Autos auf den Straßen war ebenfalls drastisch, wenn auch nicht im gleichen Ausmass wie der der Fussgänger. Die durchschnittliche Zahl der Fahrzeuge in den europäischen Hauptstädten liegt derzeit bei rund 40% des sonst üblichen Normalwertes. Aber, ähnlich wie beim Fußgängeraufkommen, haben wir am vergangenen Samstag, bezogen auf den letzten Monat, eine Spitze festgestellt: In Gesamt- Europa lag der Wert bei 45% des sonst üblichen durchschnittlichen Verkehrsaufkommens.
Auch hier ist der Unterschied zwischen Mittel- und Nordeuropa einerseits und den Mittelmeerländern andererseits, erheblich. Der Verkehr in Rom liegt nach wie vor bei rund 20% des üblichen Durchschnittswertes. Ähnlich ist die Situation in Athen, Lissabon, Madrid und Paris, wo er bei um die 10% liegt. Hingegen liegen Kopenhagen, Prag und Stockholm mit ca. 80% des üblichen Verkehrsaufkommens fast auf dem Vorkrisenniveau. Auch Berlin nähert sich diesem Wert an.
Madrid
Der Luftverkehr hat in der Krise den stärksten und umfassendsten Rückgang erlebt. Am 25. März lagen die wichtigsten Flughäfen in jedem Land bereits unter 20% des üblichen Niveaus. Jetzt sind es weniger als 10%.
In den meisten Fällen fand der Rückgang der Flüge in der dritten Märzwoche zwischen dem 15. und dem 22. Statt – zeitgleich mit der Empfehlung der Kommission an alle Mitgliedsländer ihre Grenzen zu schließen, mit Ausnahmen für Bürger, die im Schengen-Raum ansässig sind und nach Hause reisen, für Angehörige des Gesundheitswesens, Grenzbeamte, Transportunternehmen, Diplomaten, Militärs und Personen, die aus humanitären oder “zwingenden familiären Gründen” zum Reisen gezwungen sind. Die Kommission empfiehlt, diese Beschränkungen mindestens bis zum 15. Mai beizubehalten.
Vor dieser Entscheidung waren in Italien, dem ersten europäischen Land, in dem das Coronavirus eine starke Ausbreitung zeigte, aber auch dem ersten Land, das Eindämmungsmaßnahmen einführte, die Flüge bereits zurückgegangen und erreichten in der zweiten Märzwoche – der ersten Woche, für die uns entsprechende Daten vorliegen – etwa 30 % des Normalwertes.
War der Rückgang der Zahl der Flüge in Riga, Bratislava, Nikosia, Warschau oder Madrid abrupt, so war die Kurve in anderen europäischen Hauptstädten, in denen die Einschränkungen nach und nach eingeführt wurden, wie in Zagreb, Sofia oder Dublin, etwas abgeflachter. Da sich mit Ausnahme Irlands alle europäischen Länder der vereinbarten Grenzschließung anschlossen, ist der Rückgang der Reisenden auf dem Dubliner Flughafen weniger plötzlich und der Wert fiel bis zum 27. März nicht unter 30% des normalen Flugbetriebes. Zu diesem Zeitpunkt war Irland eines der europäischen Länder mit den wenigsten Todesfällen (19) und hatte etwas mehr als 1.800 bestätigte Fälle.
Dublin
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Methodologie
Diese Anwendung, die von Civio für EDJNet entwickelt wurde, überwacht täglich drei Parameter im Vergleich zu den üblichen Werten vor der Krise: Fußgänger-, Straßen- und Flugverkehr. Die Informationen konzentrieren sich nur auf europäische Hauptstädte. Verwendet werden drei Quellen:
- Flughäfen. Verwendet werden die täglich von EuroControl bereitgestellte Verkehrsdaten , aufgeschlüsselt nach Flughäfen. EuroControl liefert die Anzahl der Flüge der Flughäfen, sowie die Anzahl der Flüge ein Jahr zuvor an einem vergleichbaren Tag (d.h. Montag 2020-02-03 im Vergleich zu Montag 2019-02-04). Diese beiden Zahlen ermöglichen es uns, einen täglichen prozentualen Anteil des Rückgangs im Vergleich zum Vorkrisenniveau zu berechnen.
- Die Daten zum Fußgängerverkehr stammen aus den Mobilitätsberichten von Apple , welche die Verwendung der Adresssuche auf Apple Maps widerspiegeln. Die Berichte bestehen aus einem Prozentsatz der täglichen Abweichung von dem üblichen, von Apple festgelegten Ausgangswert, so dass wir keine zusätzliche Verarbeitung vornehmen. Verwendet verwenden die Daten auf Stadtebene für die wichtigsten europäischen Hauptstädte oder, falls diese nicht verfügbar sind, die Daten auf nationaler Ebene, wie in der Grafik angegeben.
- Die Daten zum Straßenverkehr stammen aus dem TomTom-Verkehrsindex , der die Zeit, welche die Autofahrer an einem bestimmten Tag bis zum Zielort benötigen, mit einem staufreien Szenario vergleicht, das als Ausgangswert dient. Täglich werden die von TomTom bereitgestellten Echtzeitdaten mit stündlicher Granularität über den Stau des aktuellen Tages und den durchschnittlichen Stau im Jahr 2019 heruntergeladen. (Ein Beispiel ist diese Seite zu Brüssel ) Der auf der Karte angezeigte Tages-Indikator zeigt den Rückgang der Summe der stündlichen Werte der aktuellen Staus gegenüber der Summe der stündlichen Werte der durchschnittlichen Staus im Jahr 2019.
Das Herunterladen und die Datenverarbeitung wurden in Ruby durchgeführt. Die Visualisierung wurde mit Adobe Illustrator und D3.js entwickelt. Sowohl die Europakarte als auch die Stadt-Grafiken sind einbettbar. Die Informationen werden täglich aktualisiert, während wir uns weiterhin mit der Rückkehr Europas zur Normalität beschäftigen.
Miguel Ángel Gavilanes, Ángela Bernardo und María Álvarez del Vayo haben zu diesem Artikel beigetragen.