Die Zahl der Asylanträge hat sich in den vergangenen zwei Jahren verdreifacht
Nach dem versuchten Staatsstreich ist die Zahl der Asylanträge türkischer Staatsbürger in den Ländern der EU, und ganz besonders in Deutschland, ununterbrochen angestiegen.
Die Zahl der Asylanträge hat sich in den vergangenen zwei Jahren verdreifacht
Nach dem versuchten Staatsstreich ist die Zahl der Asylanträge türkischer Staatsbürger in den Ländern der EU, und ganz besonders in Deutschland, ununterbrochen angestiegen.
Die Zahl der Asylanträge türkischer Staatsangehöriger in der EU ist im vergangenen Jahr exponentiell angewachsen. Dies zeigen die Eurostat-Daten, die deutlich machen, dass die Zahl seit Juli 2016 in die Höhe geschnellt ist – dem Monat, in dem der Putschversuch in der Türkei stattgefunden hatte. Obgleich die Antragszahl bereits seit Juni 2015 kontinuierlich zugenommen hat, so verursachte der verhinderte Staatsstreich und die darauffolgende Verhängung des Ausnahmezustands im August 2016 im Vergleich zum Vormonat eine Steigerung der eingereichten Anträge um 45 Prozent. (Innerhalb von einem Monat stieg die Zahl von 875 auf 1260.) Diese Zunahme setzte sich 2017 fort: Die Zahl der gestellten Anträge schwankte zwischen einer Mindestzahl von 940 (April 2017) und einem Maximalwert von 1.285 Anträgen (Oktober 2017).
Im Vergleich zu allen anderen Ländern der EU nimmt Deutschland mit 13.230 Anträgen zwischen 2015 und 2017 den ersten Platz ein, und steht damit weit vor Frankreich (2.800), Schweden, der Schweiz, Belgien und Griechenland. Bezüglich der Wachstumsrate der von türkischen Staatsbürgern eingereichten Asylanträge ist und bleibt Deutschland an erster Stelle: + 500 Prozent seit Juli 2016, gefolgt von Schweden (+425 %) und der Schweiz (+242 Prozent).
Im vergangenen September berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) über diesen beträchtlichen Anstieg der Asylanträge in Deutschland, und enthüllte, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nahezu 5.000 der 8.500 bis dahin geprüften Anträge abgelehnt haben soll. Dem Bericht zufolge wurde 670 Personen politisches Asyl gewährt, 1.140 Personen der Flüchtlingsstatus zuerkannt, und 112 weitere erhielten einen befristeten Schutzstatus.
Die türkische Version der Internetseite des deutschen Radios Deutsche Welle wies darauf hin, dass 6.748 türkische Staatsbürger Ende August 2017 eine Abschiebungsanordnung erhalten haben, diese aber nur in sechs Fällen umgesetzt wurde. Mehrere Asylanträge sollen den Putsch als Begründung enthalten haben. Jedoch ist es unmöglich, einwandfrei nachzuvollziehen, aus welchen Gründen die Anträge abgelehnt wurden. Das liegt daran, dass das BAMF über keinerlei detaillierte Statistiken verfügt, anhand derer ein Zusammenhang zwischen den Begründungen der Anträge und der Bewilligungsquote erkennbar würde.
Von den eingereichten Anträgen stammen 768 von ehemaligen hohen Beamten des türkischen Staates, die mit ihren Familien nach Deutschland geflüchtet sind. Die türkische Tageszeitung Cumhuriyet betont, dass 260 von ihnen Inhaber eines Diplomatenpasses waren, und zitiert hierfür die vom deutschen Innenministerium bereitgestellten Daten. Mehr als 400 dieser Anträge wurden genehmigt. Die Tatsache, dass zahlreiche Asylanträge von ganzen Familien gestellt wurden, ist vermutlich ein Grund dafür, dass die Zahl der unter-14-Jährigen deutlich angestiegen ist (5.800 gestellte Anträge innerhalb der letzten zwei Jahre).
Ein anderes bevorzugtes Ziel für türkische Asylbewerber ist Belgien, obgleich dort weniger Anträge eingereicht werden als in Deutschland. In den fünfzehn Monaten nach Juli 2016 gingen bei den belgischen Behörden mehr als 1.000 Asylanträge ein. Wie die Lokalzeitungen berichten handelt es sich „bei den meisten Anträgen um hochqualifizierte Personen, die in der Türkei aufgrund vermeintlicher Beziehungen zur Fethullah Gülen-Bewegung verfolgt werden. Diese macht Präsident Erdoğan für den versuchten Putsch verantwortlich“. Ferner fügen dieselben Zeitungen hinzu, dass die besagten Asylbewerber „befürchten, auch in Belgien zu Zielscheiben zu werden“. Bei der belgischen Polizei wurden bereits mehrere Dutzend Klagen wegen Todesdrohungen und Angriffen gegenüber türkischstämmigen Bürgern eingereicht.
Auch der Fall Griechenland ist hervorzuheben, denn hier haben 985 Personen in den zwölf Monaten nach dem versuchten Staatsstreich einen Asylantrag gestellt. Laut einer kürzlich von der türkischen BBC ausgestrahlten Reportage soll sich insbesondere Thessaloniki für Hunderte Mitglieder der Fethullah Gülen-Gemeinschaft zu einer Zuflucht-Stadt entwickelt haben. Die Frage der Auslieferung dieser Zivilisten und weiterer acht Offiziere der türkischen Armee, die nach dem gescheiterten Putsch in Griechenland Zuflucht gesucht haben, ist ein Streitpunkt zwischen Ankara und Athen, der anlässlich des jüngsten Griechenland-Besuchs Erdoğans wiederholt hervorgehoben wurde.